Sepp Kröll ist Inhaber des Wieserguts in Hinterglemm. Im Interview spricht er über die Wurzeln seines besonderen Hotels, bewussten Genuss, die Schwierigkeit authentische Architektur erstellen zu lassen und kraftvolle Natur-Erlebnisse.
Wie viel vom früheren Wiesergut ist in Ihrem Design-Hotel erhalten geblieben?
Die Geschichte unseres Gutshofs reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Im Lauf der Zeit wurde mehrfach an- und umgebaut, um Gäste zu bewirten. Die Substanz war insgesamt noch gut und nicht baufällig, aber wir hatten keinerlei Aufzeichnungen zur Statik. Außerdem war das Gebäude weder historisch schützenswert noch energetisch zeitgemäß. Deshalb haben wir uns schweren Herzens 1998 zu einem Abriss entschlossen.
Welche Grundidee schwebte Ihnen dabei vor?
Wir wollten auf dem Original-Grundriss meiner Vorfahren so klein wie möglich, aber mit viel Raum, Licht und Luft neu bauen. Wir habe fast acht Jahre lang nach Architekten gesucht, die unser Anliegen verstehen. Gemeinsam mit Gogl Architekten ist ein 100 Prozent authentisches Ergebnis gelungen, das puristisch ist, aber dennoch Geborgenheit vermittelt. Als Materialien haben wir u.a. sonnenverbranntes Stadlholz aus der Region, österreichische Eiche oder Gneis gewählt, die langlebig und widerstandsfähig sind. Riesige Glasflächen wurden so geplant, dass sie von Herbst bis Frühjahr die Kraft der Sonne in unsere Suiten lassen; im Sommer spenden spezielle Dachüberstände ausreichend Schatten. Für Wärme sorgen außer der Fußbodenheizung, die mit Gas läuft, Feuerstellen, die mit eigenem oder regionalem Holz brennen. Demnächst werden wir unseren Strom von einem Wasserkraftwerk beziehen, das in der Nähe entsteht und bei dem wir uns eingekauft haben.
Welche Rolle spielt die Natur für das Wiesergut?
Eine sehr wichtige. Im Hotel haben wir sie wo immer möglich integriert – angefangen beim Ausblick auf die Berg durch große Fenster über unser Wasser, das aus einer eigenen Quelle kommt, und die begrünten Dächer der Suiten bis zu einem 15 Meter langen Blühbeet mit essbaren Pflanzen, die unser Koch benutzt. Viele unserer Gäste genießen die Bergwelt rund um Hinterglemm mit Aktivitäten wie Wandern, Mountainbiken oder Skifahren - ein Mix aus Be- und Entschleunigung.
Die Landwirtschaft hat auf dem Wiesergut eine lange Tradition. Ist Nachhaltigkeit ein Teil von ihr?
Die war und ist eine Selbstverständlichkeit. Denn auf einem Bauernhof lebt man im Rhythmus der Jahreszeiten damit, etwas zu säen, es wachsen zu sehen und dann zu ernten. Was saisonal auf dem Feld oder im Garten reif ist, wird verwendet und dabei möglichst wenig weggeworfen. Ich bin damit groß geworden, dass meine Familie fast alles selbst produziert.
Geht das noch immer?
Bis heute haben wir eigenes Brot, Kräuter, Eier, Beeren, Obst sowie Fleisch- und Milchprodukte von meinen „Girls". Denn wir halten insgesamt bis zu 40 Pinzgauer Kühe; 12 bis 15 melken wir täglich – eine intensive Arbeit, die mir aber auch Kraft gibt und mich als Kontrast zu meiner Aufgabe als Hotelier erdet. Insgesamt verwenden wir nur beste und frische Produkte. Qualität kommt für uns vor Quantität – egal ob beim Wiesergut-Frühstück, dem 7-Gang Slowfood Menü am Abend oder in der Gourmet-Küche der Wieseralm. Büffets werden Sie bei uns nicht finden. Stattdessen setzen wir auf bewussten Genuss ohne Hast.
Hier zur Präsentation des Hotels