Beratung statt Eigenrecherche?

Ein Interview mit einem Reiseagenturinhaber über die neuesten Trends der Branche und den Wandel der Bedürfnisse von Luxus-Reisenden. "Authentische Erfahrungen spielen die größte Rolle! Unsere Gäste möchten in das 'vor Ort' eintauchen..."

Regine Geibel
Herr Pokorny, Sie beraten in Ihrer Münchner Agentur Art of Travel seit vielen, vielen Jahren anspruchsvolle Menschen bei der Planung ihrer Reisen. Wie haben sich die Bedürfnisse in der vergangenen Zeit verändert?

Nobert Pokorny
Es geht für unsere Kunden heutzutage nicht mehr nur um das reine Konsumieren, bei der die Hardware eine wesentliche Rolle für den Erfolg oder Misserfolg einer Reise spielt. Immer deutlicher stehen die Menschen im Vordergrund, die unsere Kunden bei den Reisen betreuen, sei es im Hotel oder als Guide. Diese eröffnen den Kunden die Möglichkeit, Teil eines Erlebnisses zu werden. Das macht häufig den Unterschied aus, ob eine Reise gut war oder, was unser Ziel ist, die Erwartungen übertrifft. Auch spielen authentische Erfahrungen eine große Rolle. Unsere Gäste möchten in das „vor Ort" eintauchen, die Destination tatsächlich authentisch und echt erleben. So kann es der größte Luxus sein, eine Safari zu Fuß zu erleben. Unter freiem Sternenhimmel zu schlafen und die Natur hautnah zu spüren.

Sie bieten Luxusreisen an. Wie lässt sich Luxus mit Nachhaltigkeit verbinden?

Wir wählen für unsere Klientel "Produkte" aus, von denen wir wissen, und das auch prüfen, ob z.B. Gewinne in Conservation und/oder Community zurückfließen, statt Shareholder Value zu befriedigen. Das ist nur bei Produkten der Fall, die man gemeinhin als Luxus bezeichnet. Denn hier erfüllen sich Entrepreneure oft einen Traum, an dem sie dann Gäste aus aller Welt teilhaben lassen. Die Intention dieser Unternehmer ist es nicht, ihre Produkte bzw. ihr Angebot auf Wirtschaftlichkeit auszulegen, sondern z.B. die Natur für die nächsten Generationen zu erhalten. Wir empfehlen unsererer hochkarätigen Kundschaft Orte, die z.B. den Lachs nicht aus Alaska einfliegen lassen, sondern die Lebensmittel von den Bauern aus der Umgebung kaufen. Die Sinnhaftigkeit steht über der Wirtschaftlichkeit. Das ist im Grunde wahrer Luxus – auf Seiten der Anbieter...

Welche Trends sind insgesamt am Reisemarkt aktuell abzulesen?

Ich kann das nur für das Segment beantworten, welches wir betreuen: Die Liebe zur Natur, das gemeinsame Reisen mit Lieblingsmenschen auch unterschiedlicher Generationen, außergewöhnliche Erlebnisse mit besonderen Menschen teilen und sinnhaftes Reisen. Wir laufen dabei nicht den vermeintlichen Trends hinterher, sondern sehen es schon immer als unsere Aufgabe an, die Kunden in diese Richtung zu inspirieren. Wir möchten den Menschen hinter dem Kunden genau kennenlernen. So können wir erfahren, wie jeder ganz individuell Luxus definiert und welche Bedürfnisse es gibt. Wir haben tatsächlich das große Glück, dass Kunden uns ihr absolutes Vertrauen schenken. Daher trauen wir uns auch das Besondere zu planen, das den Kunden vielleicht manchmal überrascht, aber letztendlich doch genau das ist, was er gebraucht hat.

Welches war Ihr eigenes eindrucksvollstes Erlebnis bisher?

Für mich persönlich sind es Begegnungen oder Erlebnisse in und mit der Natur. Dabei spielt Afrika für mich eine große Rolle. Denn aller Ursprung der Menschheit liegt genau dort. Und wer in diese Welt eintauchen darf und sich darauf einlässt, empfindet diese ganz intensive Nähe zur Natur, in all ihren Facetten, die man sonst nur spürt, wenn man nach Hause kommt. Einen ganz besonderen Moment erlebte ich einmal in Kenia. Wenn ich daran denke, überfluten mich die Emotionen. Wenn wir so einen Moment auf den Reisen unserer Kunden schaffen können, dann haben wir unser Ziel erreicht und einen guten Job gemacht.

Nobert Pokorny ist Gründer und bis heute Kopf von Art of Travel. Er war einer der Begründer des Luxustourismus, denn als er Ende der 1980er Jahre die Reisebranche für sich entdeckte, gab es noch kein Internet, sodass die abgelegenen Flecken der Welt noch wenig bekannt waren. Ihm gelang es, Geheimtipps zu erkunden und seinen Kunden die Reisen dorthin anbieten zu können. Da hieraus keine 08/15-Reisen entstehen, sondern aufwändige individuelle Trips, machte es ihn zu einem der Wegbereiter für die anspruchsvolle Travel-Branche. Bis heute liebt er es, für seine Kunden maßgeschneiderte Reisen zu konzipieren.

Art of Travel, Tal 26, 80331 München

Alle Fotos © Art of Travel

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Regine Geibel

„Neben meiner redaktionellen Tätigkeit plane ich unter dem Namen STUDIO REGINE GEIBEL ökologische Holzhäuser im Alpenraum und Ferienhäuser in Südeuropa; unter dem Namen 8 SENSES berate ich - zusammen mit Maren Boettcher - Hotels bzgl. Design-Refresh, Usability, Akustik, Beleuchtung“

Regine Geibel

Gründerin und Chefredakteurin